Lange habe ich nicht gerade darüber nachgedacht. Von der Idee bis zur Umsetzung sind es vielleicht 3 Wochen. Die lange Tour in den Süden um mobil zu arbeiten.
Es ist der 07.03.2024. Das große Abenteuer beginnt. Vielleicht ist es auch nur ein kleines Abenteuer. Wahrscheinlich ist das eine Sache der Perspektive. Sagen wir einfach, das Abenteuer beginnt.
Ich schnappe mir das Wohnmobil meine Eltern und starte meine Reise Richtung Frankreich und Spanien. Hauptsache ins Warme.
Der Trip ist auf 2 Monate ausgelegt. Vielleicht weden es auch 3 Monate. Das kommt darauf an, wie warm das Wasser an der Mittelmeerküste ist.
Geplant habe ich bisher nichts. Das liegt mir nicht besonders.
Ein großer Abenteurer oder Vielreisender bin ich auch nicht. Meine gesamte Wohnmobilerfahrung beschränkt sich auf einen 1,5 wöchigen Trip durch Luxemburg, Belgien und Holland. Und vor 15 Jahren bin ich mal 9 Monate durch Australien gekurvt (aber da war ich noch jung. Das ist irgendwie anders.). Und als kleines Kind mit den Eltern und meinem großen Bruder auf diversen Trips mit einem LT.
Aber das hier ist neu. 2-3 Monate. Komplett alleine. Da fehlt mir die Erfahrung.
Genau das macht es aber aus. Einfach mal machen. Einfach mal losfahren. Raus aus dem Alltagstrott. Woanders ist es bestimmt auch schön.
Ich arbeite also noch an diesem Donnerstag meine üblichen 8 Stunden im Home office um dann aufzubrechen.
Noch schnell die wichtigsten Dinge erledigen. Duschen (das wird bald Mangelware), Luftdruck checken, Tanken fahren.
Heute will ich Meter machen. Los geht es in Osnabrück und als erstes Etappenziel steht Biesdorf am See auf dem Plan. 350 km am Stück, mit einem Wohnmobil von 1991, mit ca 90 PS. Viel schneller als 90 bewegt man sich damit nicht.
Nachdem da Navi zu beginn noch 19 Uhr angezeigt hat, korrigiert sich die Ankunftszeit nach und nach immer weiter hoch. Letztendlich lande ich um 20:30 Uhr auf einem wirklich schön gelegenen, kostenfreien Stellplatz, der dem Ortsnamen gerecht, direkt am See liegt. Davon sehe ich am Abend aber nichts mehr.

So schön der Platz aber auch ist, so mies ist die Nachtruhe. Ein lautes Piepen ertönt in unregelmäßigen Abständen über die gesamte Umgebung. Ich frage mich, wie die Anwohner das aushalten. Für eine Nach ist das ja noch in Ordnung, aber auf Dauer würde ich durchdrehen.
Am nächsten Tag heißt es erstmal arbeiten. Und das funktioniert tatsächlich.
Kurzerhand wird ein Hotspot auf dem Handy eingerichtet und dann geht es ab in den Stollen (mobiles Home office) und für 5 Stunden Steine kloppen.

Es sei kurz zu erwähnen, dass es hier noch schweinekalt ist. Ich stehe morgens bei einer Innentemperatur von ca. 4 Grad auf. Nicht gerade angenehm, aber das gehört eben dazu.
Nach der Arbeit mache ich dann einen kurzen Spaziergang an dem wundervollen Stausee entlang. Im Hintergrund die Berge, im Vordergrund blaues, klares Wasser. Dieser Anblick wird mir auf meiner Reise noch öfter begegnen. Fantastisch.
Lange halte ich mich hier aber nicht auf, da ich vorankommen möchte. Irgendwohin wo es warm ist.
Am Freitag fahre ich wieder ein ganzes Stück um dann in Goncourt (in Frankreich) anzukommen. Ein unscheinbarer Ort, den ich nicht weiter erkunde. Auch hier finde ich aber einen kostenfreien Stellplatz. Direkt an einem Fluss, der Maas. Und das muss ich sagen. Es ist schon etwas besonderes zum Rauschen eines Flusses einzuschlafen und zu erwachen. Das hat etwas beruhigendes. Dem Piepen der letzten Nacht ist das besändftigende gemurmel des Wassers auf jeden Fall vorzuziehen.

Der einzige Wermutstropfen ist, dass Luxemburg so klein war, dass ich es verpasst habe dort nochmal günstig aufzutanken.
Sonntag, 10. März. Jetzt heißt es einen Platz zu finden an dem ich auch noch am Montag problemlos für 8 Stunden stehen kann, ohne, dass mich die Einheimischen verscheuchen, der Straßenlärm in den Wahnsinn treibt und wo ich bestenfalls auch noch vernünftigen WLAN Empfang habe.
Ich lege also nochmal einen ordentlichen “Fahrtag” ein, um etliche Kilometer später in Morestel zu landen. Der Platz ist nichts besonders. Eher sogar im Gegenteil. An einem kleinen Teich gelegen, was den Ort vielleicht ein wenig aufwertet. Im Gegensatz dazu steht die Toillette. Na immerhin gibt es eine. Allerdings sind die Sanitäranlagen recht ungepflegt, und Wasser gibt es auch nicht (wenigstens die Spülung funktioniert). Zum Arbeiten reicht es aber.
An was es dem Stellplatz fehlt, dass hat allerdings die Anfahrt bereits im Vorfeld wett gemacht.
Entlang der Soane, durch endlos weite, Wiesen, die so grün sind, als sei gerade jemand mit Neonlack drüber gegangen um die Touristen willkommen zu heißen. Und weit, weite weg am Horizont erhebt sich eine Bergkette, gekrönt vom Mont Blanc mit seiner weißen Spitze. Als hätte jemand die Toblerone Packung an den Horizont gehängt. Lecker.
Dieser fantastische Ausblick wird mich noch einige Tage begleiten. Und ich gleue nicht, dass ich mich daran irgendwann satt sehen werde.
Außerdem lege ich auf dem Weg noch einen Zwischenstopp in Langres und in Beaune ein. Zwei kleine Städtchen die einen kurzen Besuch auf jeden Fall wert sind.
In Langres umrunde ich fast die gesamte Stadt auf dem Wehrgang. Im Beaune bummel ich gemütlich durchs historische Innenstädtchen.
Da ich ein wenig unter Zeitdruck stehe, und die Landschaft mich bis hierher mehr beeindruckt als die Architektur, lasse ich beide Orte schnell hinter mir.
Jedenfalls packe ich auf dem Platz angekommen erstmal mein Gravelbike aus und lasse mir von Komoot eine entspannte 46 km Runde vorschlagen. Also, nicht lange überlegen und aufs Bike. Im Nachhinein sicher keine Traumtour, aber dann steht halt die sportliche Betätigung im Vordergrund anstatt die sinnliche Landschaft. Eine Dusche gibt es hier übrigens nicht. Das heißt also ungewaschen und verschwitzt, aber überaus zufrieden ins Bett.

Für mich stellen diese ersten paar Tage den Beginn einer längeren Reise dar. Vielleicht öffnet sich mein Horizont, vielleicht lerne ich neue Sprachen sprechen und neue Leute kennen. Vielleicht entdecke ich die Leidenschaft fürs reisen und möchte gar nicht mehr zurück in die Heimat.
Egal ob dieser Trip irgendeinen tieferen Sinn hat, hier und jetzt, fühlt sich irgendwie alles richtig an.
Schreibe einen Kommentar